Graffiti
Streetart :: Graffiti
Es gibt ja nun diese Kunstform schon lange, eigentlich sehr viel länger, als alle anderen Kunstformen zusammen, zeitlos über die Jahrtausende hinweg. Wenn man so will, die ersten künstlerischen Äußerungen in der Jungsteinzeit, über die Straßenkritzeleien von Rom und der Wahlwerbung an den Wänden von Pompeji und vielen anderen Orten der Antike, usw.
Nicht jede künstlerische Äußerung an den Wänden der Häuser anderer ist eine willkommene Bereicherung, vor allem nicht bei denen, deren Besitz damit verziert wird. Wobei sich der Reiz der Streetart für gerade die Freunde dieser Kunstart auch aus dieser divergenten Wahrnehmung speist. Aber nicht jede Form der ungefragten Bereicherung ist auch schon die künstlerische Offenbarung.
In der Wahrnehmung für den Fotografen ist das letztendlich unerheblich. Eröffnet es einen unendlichen Motivreichtum, der, je nach Lichteinfall und Situation die volle Bandbreite farbiger Eindrücke und grafischer Formen aufscheinen lässt. Darüber hinaus arbeitet die Zeit für den Fotografen: die eigentlichen Werke verblassen oder werden überwuchert, blättern ab usw. Und schafft damit einen anderen Blick auf das ursächliche Werk.
Da gibt es die rohen Strukturen, die pastelligen Töne genau so, wie kräftige Farbflächen die munter aus dem Unscheinbaren heraus platzen. Meist sind es kurze Zeitfenster, die die Motive offenbaren, um dann gleich wieder im Schatten glanzlos zu verschwinden.
Die Fotografie macht diese Augenblicke in Ruhe betrachtbar. Jedes Motiv ist mehr oder minder los gelöst vom Ganzen drum herum.
Isar-Kritzel









Entlang der Stadt-Isar, also innerhalb der Stadtgrenzen, hat sich seit Jahren eine aktive Freiluftgalerie etabliert. Münchens Freiluftbühne für Stadtflaneure von ganz klein bis uralt ist somit praktisch zu einer Art Kulturzone der effektivsten Art mutiert. Nicht eingeengt durch Etikette und fest verbauten, engen Räumen, läuft man hier von einer farbigen Kreativzone zur nächsten. Die Jahreszeiten spielen dabei mit Licht und Schatten heftig mit und verleihen dem Ganzen eine mehr oder minder dramatische Bühnendekoration.
Wobei man schon hin schauen muss. Es reicht nicht, einfach nur achtlos daran vorbei zu laufen. Und man muss Glück haben, dass das Licht, die Sonne oder sonstige Umstände gerade einen kleinen Farbenzauber veranstalten. Es kann auch anders gehen und Wolken und Regen schieben den Vorhang zu: aus die Veranstaltung. Vieles von dem wird bald wieder verschwinden.
Die Fotografie macht diese Augenblicke haltbar. Informationen und Eindrücke werden sichtbar, wenn auch oft kaum mehr entzifferbar. Aber nicht wichtig: wesentlich bleibt der sichtbare Eindruck und am Ende die Freude über einen schönen Augenblick.
München, Ende April 2021
Typen :: Graffiti




Nicht weit vom Viktualienmarkt:
Gesprayte Skizzen von Kindern und Jugendlichen.
Man steigt unmittelbar davor aus dem Bus aus — und nimmt es meist gar nicht wahr. Eine unscheinbare Wand mit endlosem Grünanstrich wird schön langsam von einer Ranke überwuchert. Nichts Bedeutendes.
Nur wenn die Sonne in einem bestimmten Winkel darauf leuchtet, treten die Skizzen auf einmal hervor, werden wichtig und berührend. Man muss Glück haben und überhaupt bereit sein, es wahr zu nehmen, dann werden diese Werke zu einem Kunstereignis im Vorübergehen.
Danke an den (leider) namenlosen Künstler*in, der/die uns dieses wunderschöne Stück Eindruck geschenkt hat.
München :: Mitte 2021
RAW
Mitte Januar 2022
Im Winter scheint die Sonne besonders tief unter die Brücken.
Das Motiv an sich wirkt auf dem Brückenpylon unterhalb des Brückenkörpers reichlich seltsam und ungelenk. Nicht sehr wahrscheinlich, dass das überhaupt jemand so direkt als Eindruck mitnimmt.
Aber, wenn der Lichteinfall stimmt und man sich die Zeit nimmt genau hinzuschauen, fängt es an zu wirken. Ein echter Farbenzauber, eingerahmt in tief-schwarze rohe Pinselzeichnungen und nicht so wie üblich mit Spraydose. Die abplatzenden Farbschichten wirken für sich.
Aufbrüche
Aufbrüche und Durchbrüche sind die Zeitmarker aller gemalten/bemalten Werke.
Sie sind sozusagen der Anzeiger des zeitlichen Verlaufs für alle beschichteten Gegenstände, so gut und umsichtig sie auch bearbeitet wurden: nichts ist für die Ewigkeit.
Großer Donnervogel
Brudermühlbrücke an einem anderen Tag, anderes Licht und Sonnenstand.
Man kann hier noch öfter vorbei laufen und jedes Mal wird eine andere Sicht auf diese ikonografischen Werke durch das Licht inszeniert.
Der Große Donnervogel wird durch das erste Bild in der Reihe inspiriert. Das mythologische Fabeltier der nordamerikanischen Ureinwohner, jedenfalls war das meine spontane Assoziation für diesen Teilausschnitt des Werkes, das sich über den gesamten Pylon hinzieht.
Ansonsten ist das hier eine Mischung aus ikonografischer Darstellung und abstrakten Strukturen und Farben.
Brückenpylon
Dieses Mal die Braunauer Brücke.
An einem eher trüben Nachmittag. Dafür aber kommen die Farben umso kräftiger und prägnanter zum Vorschein.
Die Brücke stammt noch aus der frühen Eisenbahnzeit. Entsprechend sind die Teile der Brücke selbst und die Auflager verwittert und von der Zeit gezeichnet. Anders als bei der Brudermühlbrücke eine Brücke weiter, sind die Flächen offensichtlich bei den Sprayern nicht so beliebt. Das fördert das Altwerden der Grafiken und es kommen wieder noch weiter darunter liegende Grafikschichten zum Vorschein. Wollte man das aus der Musik übertragen, dann entsteht hier ein Groove, der bei den frisch bemalten Pylonen der Brudermühlbrücke kaum aufkommt. Blankpoliert und synthetisch wirkt das, im Gegensatz den hier gezeigten Farb- und Formenflächen. Dazu die alten, schon stark verwitterten Oberflächen, die dem Ganzen erst die optische Vielfältigkeit verleihen.